Swatch-Erfinder Elmar Mock zum Smartwatch-Trend: „Leider hat die Schweiz keinen Steve Jobs“

Als das Team um Tim Cook in der letzten Woche die Apple Watch vorgestellt hat, dürften einige Hersteller von Fitnessbändern und Smartwatches die Luft angehalten haben. Nicht so die Schweizer Uhrenindustrie.

Apple WATCH Edition

Die vielen Manufakturen aus der Schweiz, seit jeher für hervorragende Qualität und präzise Arbeit bekannt, bleiben auch nach der Präsentation der Apple Watch gelassen. In einem Interview mit dem Schweizer Nachrichten-Portal Swissinfo.ch äußert sich einer der Erfinder der berühmten Swatch-Uhr, Elmar Mock, zu diesem Thema – und wirft der eigenen Industrie fehlende Reaktionsfähigkeit auf die neuen Entwicklungen in der Uhrenbranche vor.


Heute agiert Elmar Mock als Geschäftsführer von Creaholic, einem Unternehmen für technisches Consulting und Engineering, und schaut daher mit einem anderen, strengeren Blick auf die Industrie, in der er und sein Geschäftspartner Jacques Müller zusammen mit Ernst Thomke ab Ende der 1970er Jahre die Swatch, eine knallbunte, aber erschwingliche Kunststoff-Armbanduhr in zig Varianten auf den Markt brachten.

„Die technologischen Konzerne werden diese Wette gewinnen“

Hinsichtlich des Potentials der neuen Apple Watch äußert sich der ehemalige Swatch-Erfinder durchweg positiv. „Es macht absolut Sinn, ein gekoppeltes Gerät am Handgelenk zu tragen, eine strategische und emotionale Zone, die man bisher benutzte, um Uhren zu tragen. Dieser Markt birgt in meinen Augen ein kolossales Potential.“ Herausforderungen hingegen sieht Mock in der digitalen Umgebung, die diese Produkte benötigen. „Google, Samsung oder Apple haben alle ihre eigenen Welten“, so Elmar Mock. „Die Erfahrung der Konsumenten wird entscheidend sein. Es bleibt noch viel zu lernen, doch man lernt nur, indem man etwas tut. Ich bin überzeugt, dass die großen technologischen Konzerne diese Wette gewinnen werden. Die Apple Watch kommt bereits viel attraktiver daher, als die anderen intelligenten Uhren auf dem Markt. Ich persönlich werde sie tragen.“

Auch wenn Jonathan Ive bei der Vorstellung der Apple Watch davon gesprochen hat, mit führenden Uhrenexperten aus der ganzen Welt zusammengearbeitet zu haben – die Kenner aus der Schweiz waren es wohl nicht, wie Elmar Mock im Interview betont. „Die Schweiz hat den Kampf ums Handgelenk bereits verloren“, sagt der Swatch-Erfinder. „Von 200 auf der Welt hergestellten Uhren stammt eine einzige aus der Schweiz.“ Lediglich den Kampf ums Geld beim Verkauf dieser Exemplare habe man gewonnen. Nichts desto trotz betont Mock, „Die Schweiz hat eine tolle Chance verpasst. Es ist schockierend festzustellen, dass die Schweizer Uhrenbarone diesen Markt als nicht interessant einstufen.“ Gehe man realistisch von 100 Millionen verkauften Smartwatches pro Jahr aus, könnte dieser Markt einen Umsatz von 30 Milliarden US-Doller generieren. Das wäre mehr, als die gesamte Schweizer Uhrenindustrie umsetzt.

„Die Schweizer Uhrenbranche gleicht einem Indianerreservat“

Mock prangert insbesondere das zu lässige Verhalten von Herstellen jüngerer, moderner Marken wie etwa Nick Hayek, dem Chef der Swatch Group, an. „Es ist sicher nicht an Breguet, Rolex, Cartier oder Patek Philippe, auf diesem Spielfeld zu kämpfen, denn das wäre die Rolle der Swatch Group“, so Elmar Mock. „Von kurzfristigen Gewinnen besessen, hat die Swatch Group eine Kehrtwende von 180 Grad in Richtung Luxusuhren gemacht, und sie hat lieber in Marken und Verkaufslokale in allen Weltgegenden statt in Ideen investiert.“

Wirkliche Konkurrenz aus der Schweiz für die Apple Watch sieht der Unternehmer daher nicht, und bescheinigt seinem ehemaligen Berufsfeld mangelnde Vielfalt. „Die Schweizer Uhrenindustrie gleicht mehr und mehr einem Indianerreservat“, sagt Mock. „Sie hat sich aus freien Stücken dafür entschieden, sich nicht an den aktuellen Veränderungen zu beteiligen. Nicht, weil es ihr an Ideen, Kreativität oder Innovation fehlen würde; es ist ein strategischer Entscheid.“ Resigniert resümiert Elmar Mock daher, „Leider hat die Schweiz keinen Steve Jobs, einen echten Patron, der in die Zukunft blicken kann. Das heißt nicht unbedingt, dass wir alles falsch gemacht haben, doch die Würfel sind bereits gefallen, was die Smartwatch angeht.“ Nach der groben Unterschätzung japanischer Quarzuhren-Konkurrenz in den 1970er Jahren scheint die Schweizer Uhrenindustrie auch den Smartwatch-Trend durch ihre Verweigerung komplett zu verschlafen – und damit den Weg für die großen Tech-Unternehmen wie Apple und Samsung frei zu machen.

Wie steht ihr zum Schmuck am Handgelenk? Tragt ihr überhaupt noch klassische Armbanduhren, oder muss es schon ein Gadget à la Apple Watch sein? Welche Ideen würdet ihr euch von der Schweizer Uhrenindustrie wünschen? Postet eure Meinungen dazu gerne in den Kommentaren.

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Kommentare 32 Antworten

      1. Was in Deutschland außer Autos noch so produziert wird? Deutschland ist führend in der Chemiebranche (BASF und Wacker Chemie), zudem ist da ja noch die Pharmaindustrie. Sind alles Geschäftszweige, die mit der Globalisierung und wachsender Nachfrage hervorragend gedeihen. Und seit Einführung des Euros 2002 hat sich das deutsche Exportvolumen meines Wissenstandes nach verdreifacht.

        1. Ach, die Waffenindustrie hätte ich ja fast vergessen. Gibt ja noch genug totalitäre Regimes auf der Welt, die auf deutsche Panzer und Waffen von Heckler&Koch, Walther & co. vertrauen, um den freien Willen der Bevölkerung zu unterdrücken 😉

  1. Ich finde das Thema Smartwatch hochinteressant. Die Apple Watch gefällt mir auf den Bildern und Videos schon ziemlich gut. Allerdings wäre eine Akkulaufzeit von einem Tag für mich persönlich abstoßend. Und die Preise klingen erst einmal auch ziemlich heftig.
    Bis es eine Smartwatch gibt, die mich uneingeschränkt begeistert, bleibe ich augenzwinkernd dabei: „Etwas das nicht tickt, ist auch keine Uhr.“

    1. Schonmal die Preise einer hochwertigen Uhr gesehen? Je nach version der Apple watch ist da kein großer Unterschied, zumal die Apple Watch noch mehr kann, als „nur“ die Uhrzeit anzuzeigen.

      Was mich persönlich mal interessieren würde: habt ihr das Gespräch selbst geführt? Oder woher habt ihr die Aussagen? Quellen fehlen leider häufig bei euch…:/

      EDIT: hab die Quelle grad im ersten Absatz gesehen, tut mir leid 😉

      1. Der Unterschied zu einer guten normalen Uhr ist, dass man eine 500€ Uhr in 10 Jahren noch hat und sie nicht veraltet ist. Bei der iwatch wird das wohl nicht passieren…

        1. Uhr/Smartwatch

          Das sollte erst mal in die Köpfe! Sage ja auch nicht zum Radio, Fernseher nur weil da Ton zu hören ist. Weißt du was ich damit sagen möchte?

          Zur Uhr, ich finde sie sehr praktisch! Aber der Akku das wohl rückständigste an dieser Smartwatch ist leider das ko Kriterium! Schauen wir mal was als „2“ Generation so kommt. Mfg

        2. Was soll an einer (guten!) mechanischen Uhr auch kaputt gehen (bei sachgerechter Nutzung)? Und als Uhr an sich kann man die iWatch auch in 10 Jahren noch benutzen, wenn man sie sachgerecht benutzt und Apple eine entsprechende Qualität bereitstellt. Die iWatch ist soweit technisch noch nicht ausgereift, dass sie so lange auf neuestem Stand ist. Das bietet allerdings auch kein Konkurrenzprodukt!
          Grundsätzlich würde ich persönlich niemals die erste version eines Produktes dieser Art kaufen, immer auf das erste oder zweite Update abwarten.

    2. Eine „richtige“ Uhr tickt nicht.
      Eine „richtige“ Uhr ist ein mechanischen Kunstwerk, gönnt man sich einmal im Leben und hält, richtig gepflegt, über Generationen – so geht Nachhaltigkeit

  2. So ist das leider.
    Innovationen sind in den meisten europäischen Industrieunternehmen nicht mehr erwünscht. Hier konzentriert man sich auf Kosteneinsparungen, Rationalisierung etc. Kkreative Mitarbeiter und innovative Kräfte stören da nur.

  3. Also Ich möchte auf meinen analogen Chronographen nicht verzichten (zugegeben, er ist auch ein wenig Statussymbol;). Hightech hin oder her, zumindest bei Uhren bleibe ich gerne „Old School“, wobei das ja jeder für sich entscheiden muss.

    Das Leben ist schon schnell (und oftmals stressig) genug, da muss mich meine Uhr nicht auch noch an Termine / Nachrichten oder Anrufe etc. erinnern, da reicht das Smartphone.

  4. Ich nutze seit ca. einem halben Jahr die Pebble. Ich sehe Smartwatches wie die Pebble eher als das, als was sie auch gedacht sind: Als Ergänzung zum Smartphone.
    Braucht man eine Smartwatch? Mit Sicherheit nicht.
    Jedoch warum soll man Dinge, die einem den Alltag erleichtern immer gleich verteufeln, nur weil sie neuartig sind?
    Ob und wie man eine Smartwatch nutzt, bleibt jedem selber überlassen.
    Ich für meinen Teil finde es einfach sehr praktisch, nicht jedesmal das iPhone aus der Tasche kramen zu müssen, wenn es mal wieder vibriert. Bei dem ganzen Schrott, der einem heute aufs Handy gepusht wird, ist es recht angenehm, vorher schon durch einen (unauffälligen) Blick aufs Handgelenk vorsortieren zu können.
    Und das hat mir die Nutzung der Pebble bewiesen: Es gibt ziemlich wenige Infos, die da auf dem Handy ankommen, die es Wert sind, ständig wie ein Smartphone-Zombie durch die Gegend zu laufen.
    Nun ist die Pebble insgesamt recht passiv ausgelegt. Die AppleWatch wird da schon ein anderes Kaliber werden. Da besteht dann die Gefahr, dass durch die aktiven Möglichkeiten, bald viele nicht mehr mit dem Smartphone, sondern mit dem Arm vorm Gesicht rumlaufen…

  5. So lange in der Schweiz Uhren hergestellt werden, die ohne von außen zugeführte Energie Jahre oder auch Jahrzehnte laufen, brauchen die sich keine Sorgen machen.
    Für mich werden die Smartwatches erst interessant, wenn sie wasserdicht sind, Batterielaufzeit für mindestens 4 Wochen mitbringen oder ein Smartphone ersetzen können oder am besten alles zusammen ;)))

  6. Ich werde mir die Apple Watch nur als Uhr kaufen, sie wird fürs erste eine Uhr von vielen Chronographen sein. Ich wechsle täglich meine Uhr, dieser Rythmus wird sicher durch die Watch erstmal unterbrochen. Bin gespannt wie sich die Mehrwerte der Uhr dann in den Alltag einschleichen. Ich denke aber dass sie die Chronographen nicht ersetzen wird.

  7. Ich freue mich darauf! Hoffentlich kann man über einen Designer die Ansicht verändern und anpassen. Der Akku wird jedoch die Finale Entscheidung sein! Mit 24 Stunden wäre das kein Kaufargument…

    1. Geht mir ähnlich.
      Und es ist ja jedem selbst überlassen, wie sich von der Technik, die er mit sich trägt, beeinflussen lässt.
      Bei vielen hält der Smartphone-Akku nur einen Tag, bei mir meist zwei!

  8. Ich trage keine Uhr mehr am Handgelenk seit ich das IPhone habe. Die Iwatch werde ich tragen. Alleine die ständige Pulskontrolle ist auch medizinisch sinnvoll. Rhythmusstörungen werden hoffentlich mit entsprechenden Apps erkannt. Sie sind Vorläufer schwerer Herzkomplikationen. Ideal wäre noch die Blutdruckkontrolle.

    1. Na klar. Und dann kommt bald auch das Röntgen und die Darmspiegelung dazu…

      Muss man wirklich alles so weit auf die Spitze treiben??
      Gesundheit ist mir auch wichtig. Aber die ganzen Daten gehen doch auch durch das WWW und landen bei völlig fremden Leuten, die es absolut nichts angeht.

      Dann bekommst du gleich noch die maßgeschneiderte Werbung zugeschickt. „Sie haben Verdauungsstörungen, wie wäre es mit Activia.“

      Wo soll das alles noch hinführen. Wir sind doch schon Gläsern…

  9. wer „analoge“ Uhren mag wie ich, tut sich vielleicht etwas schwerer mit einer Smartwatch, schon rein optisch sind die Dinger alle bisher nicht der Brüller.
    Ich finde 350€ für ein Zeiteisen nicht besonders teuer, zumal so ein richtig hübscher Chronograph fast das Zehnfache kosten kann.
    Täglich aufladen wäre mir egal, Mechanik braucht schliesslich auch tägliche Unterstützung oder einen Uhrenbeweger.
    Vielleicht benutze ich aber auch meine Uhr häufiger als mein Smartphone.

  10. Solange Smartwatches nicht genauso Robust gegen Stöße und Wasser sind wie „normale“ Uhren und endlich mal ein Modell kommt das aussieht wie ne Uhr (anständiges, rundes Gehäuse usw.) kommt mir keine ans Handgelenk…

    Optisch ist Motorola mit der 360 bis jetzt am nächsten dran!

  11. Ich trage eine mechanische Uhr, beim Sport Polar V800. Weder Pebble noch Apple kommen mir ans Handgelenk. Swatch waren das nicht die die billigen Plastikuhren produzieren? Können von mir aus pleite gehen.

  12. Also ich sehe das Risiko für Hersteller wie Rolex, Breiting und Co. eher geringer, als für Modeuhren wie Swatch, Fossil etc.

    Leute die sich eine Rolex kaufen sind meist Leute die das aus gewissen Gründen tun. Sei es ein Statussymbol, Sammler oder aus modischen Gründen. Das sind keine Studenten oder Schüler und meist in einem höheren Alter. Ich kann mir nicht vorstellen, dass bspw. ein Geschäftsmann seine Rolex Daytona im Schrank verstauben lässt, nur weil er nun mit einer Smartwatch von Apple rumläuft.

    Für Hersteller wie Fossil, Swatch oder diesen bunten Plastikuhren Ice Watch, denke ich wird es um einiges schwieriger in den nächsten Jahren noch eine anständige Menge an Uhren zu vertreiben. Das sind Uhren für die Masse und die Masse wird sich einfach (sofern die Akkulaufzeit in ein paar Jahren besser wird) bei den Technologiekonzernen nach einer Uhr umschauen und die Modemarken vergessen.

    1. Das mit der Masse ist etwas wage gesprochen. Bei den stolzen Sümmchen, kann ich es mir kaum vorstellen das es sich jeder leisten kann. Zumindest die Apple Produkte. Von anderen Herstellern weiß ich nichts.

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