Stress mit den Abmahn-Anwälten: Wie uns ein Screenshot 3.400 Euro gekostet hat

Was das für die Zukunft bedeutet

Dass in einem solchen Umschlag nichts Gutes steckt, erkennt man bereits durch die noch geschlossene Klappe des Briefkastens. Abmahn-Anwälte aus Bayern haben uns Anfang Dezember mit einem eben solchen Schriftstück beglückt, mittlerweile ist die Sache aus der Welt geschafft – und unser Bankkonto um einen vierstelligen Betrag erleichtert. Warum? Es dreht sich alles um einen Screenshot einer App.

Zunächst einmal möchten wir klarstellen, dass das Urheberrecht prinzipiell eine sehr gute Sache ist. Immerhin kann so sichergestellt werden, dass Fotos, Musik, Videos, Text und andere Werke nicht einfach von Dritten genutzt werden. Und auch wir waren vor etlichen Jahren tatsächlich so naiv und haben auch mal Bilder genutzt, von denen wir nicht so genau wusste, woher sie überhaupt stammen. Dafür haben wir in den vergangenen beiden Jahren in zwei Fällen jeweils zwei Mal rund 400 Euro gezahlt. Absolut in Ordnung.


Das hat es mit dem 3.400 Euro Screenshot auf sich

Was sich in den letzten Wochen abgespielt hat, ist aber kaum noch in Worte zu fassen. Zunächst möchte ich euch einmal zeigen, um was es überhaupt geht:

Zu sehen ist ein Screenshot der App My Artists aus dem Jahr 2010, das war zu Zeiten des iPhone 3GS und das Bild hat eine Auflösung von 320 x 480 Pixeln. Verpixelt seht ihr das Bild, das uns den Ärger eingebrockt hat, ein Foto der Musikerin. Der sichtbare Bereich des geschützten Bildes hat die Auflösung 320 x 244 Pixel.

In dem betreffenden Artikel wurden vier Apps vorgestellt, die gerade günstiger erhältlich waren. Darunter My Artists, eine MP3-Player-App, die passend zum aktuellen Lied ein schickes Artwork des jeweiligen Künstlers anzeigte. Woher der Entwickler der Bezahl-App diese Fotos bezogen hat, lässt sich nicht mehr nachvollziehen – die Anwendung ist seit einigen Jahren nicht mehr im App Store erhältlich, auch nähere Informationen zum Entwickler selbst ließen sich nach so langer Zeit nicht mehr herausfinden.

Dafür haben aber die Abmahn-Anwälte ganz genau hingesehen. Immerhin gehören die Rechte an der Fotografie einer Agentur aus den USA und diese Rechte müssen natürlich mit allen Mitteln geschützt werden. Auch bei einer Fotografie mit einer verschwindend geringen Auflösung, die als Teil eines Screenshots aus dem App Store in der redaktionellen Berichterstattung über eine App für einen Artikel mit weniger als 1.000 Aufrufen in knapp 10 Jahren verwendet wurde.

Die Kommunikation mit der Abmahn-Kanzlei könnt ihr euch übrigens wie folgt vorstellen: Man bekommt Post mit Textbausteinen, lässt den eigenen Anwalt eine Antwort verfassen. Als nächstes kommt Post mit Textbausteinen und einer ersten Forderung, auf die man wiederum ein Schreiben des eigenen Anwalts mit einem Gegenangebot folgen lässt. Wieder kommen zurück nur Textbausteine mit einer leicht reduzierten Forderung, auf Erklärungen, Hinweise und Argumente wird überhaupt nicht eingegangen. Der Aufwand auf der abmahnenden Seite wird auf ein Minimum reduziert.

Bevor die ganze Geschichte vor Gericht landet und die Kosten im schlechtesten Fall explodieren, haben wir die Forderung in Höhe von rund 2.800 Euro akzeptiert, hinzu kommen noch einmal die eigenen Anwaltskosten von rund 600 Euro.

Müssen unsere Screenshots in Zukunft tatsächlich so aussehen?

Um solche Fälle in Zukunft zu vermeiden, haben wir uns wirklich viele Gedanken gemacht. Bevor so etwas wirklich mal vor Gericht ausdiskutiert wird, wird ein Screenshot in einem Artikel über eine Nachrichten-App, die ein tolles Update bekommen hat, wohl so aussehen:

Immerhin zeigen viele Nachrichten-Portale, als Beispiel haben wir einfach mal die Tagesschau gewählt, neben den Artikel kleine Vorschau-Bilder an. Diese Fotografien sind geschützt. Und können ziemlich teuer werden, wie wir erfahren haben.

Der wirklich große Witz an der Sache ist ja: Auch hier ist die Auflösung so gering, dass kein wirklicher Schaden angerichtet wird. Und auch hier steht ja nicht das Foto im Mittelpunkt des Geschehens, sondern beispielsweise das neue Design der Tagesschau-App, welches wir euch redaktionell vorstellen möchten.

Ihr glaubt nicht, dass man wegen so etwas Stress bekommen kann? Haben wir tatsächlich schon einmal. Ebenfalls vor ein paar Wochen passierte uns genau das mit einem Screenshot des ZDF-Heute-Portals. Glücklicherweise haben wir genau den Screenshot verwendet, den das ZDF im Rahmen einer Pressemitteilung verschickt und zur redaktionellen Nutzung freigegeben hat. Glück gehabt, zumindest in diesem Fall.

Schadensbegrenzung: So könnt ihr uns unterstützen

Wir haben den Fall ja schon einmal kurz angerissen und in den Kommentaren gab es von euch bereits ordentlich Unterstützung. Es geht uns gar nicht um ein paar Euro, die ihr gerne locker machen würdet – viel mehr würden wir uns freuen, wenn ihr unsere beiden Blogs auch in Zukunft regelmäßig besucht und weiterempfehlt. Falls es doch etwas finanzielles sein soll, findet ihr in der appgefahren-App die Möglichkeit einer kleinen Spende via In-App-Kauf. Sollten die dort angebotenen Optionen nicht euren Vorstellungen ansprechen, könnt ihr uns jederzeit per E-Mail kontaktieren oder PayPal.me nutzen.

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Kommentare 29 Antworten

  1. Wenn aus Hobby, Beruf wird ist das nicht immer angenehm, obwohl das Risiko in beiden Situationen das selbe ist. Das Abmahnverhalten vieler Anwälte ist mittlerweile unfassbar und grenzt fasst an wegelagerei, auch wenn diese hinter dem Deckmantel des Urheberrechts stattfindet.
    Ich freue mich wenn ihr die Kosten zügig wieder raus habt und werde weiter mitlesen um eure Arbeit zu würdigen.
    Nehmt es so leicht wie es geht. Viel Erfolg noch.

    1. Vielen Dank für deinen Kommentar. Mir geht es in erster Linie auch gar nicht um die 3.400 Euro. Die schmerzen natürlich, da hätte man auch viele andere tolle Sachen mit machen können. Es ist einfach schade, dass die Berichterstattung auch darunter leidet, weil wir im Zweifel keine Screenshots von öffentlich zugänglichen Inhalten erstellen können.

      1. Der Gesetzgeber ist gefordert diesen Spuk zu beenden. Natürlich ist Urheberrecht wichtig, aber wie lange will man denn noch zugucken das sich einige Abmahnanwälte daran eine goldene Nase verdienen?

  2. Habt ihr denn keine Rechtsschutzversicherung? Gerade wenn man so eine App betreibt wäre das das erste wo ich mich absichern würde. Dann wären die 600€ zumindest nicht angefallen und ihr hättet es auch drauf ankommen lassen können das es vor Gericht geht. Hättet ihr den Fall verloren wäre maximal die SB fällig gewesen.

  3. Hauptsache man bekommt jetzt einen Punkt wenn man in zweiter Reihe hält. Das sind die wirklich wichtigen Gesetze, die uns schützen sollen.

          1. Ich weiß wie es ist als Autofahrer, als Radfahrer und als jemand, der auch mal irgendwo halten muss. Von daher, rege ich mich nicht auf wenn der mit Mindestlohn bezahlte Kurierfahrer in zweiter Reihe steht und weiche auch gerne auf den Gehweg aus, wenn ich selbst nicht ausweichen kann ohne den Verkehr damit zu behindern. Das Problem ist doch, dass jeder mit seinem Verkehrsmittel die Straße(n) für sich beansprucht. Aber es ist egal wieviele Verbote es noch geben wird, nichts ersetzt die gegenseitige Rücksichtnahme.

          2. Genau die wird ja immer weniger weil ein jeder meint, sein gesunder Menschenverstand stünde über Regeln, Ge- und Verboten. Sich an Dinge halten auch wenn Sie einem dämlich / unnötig vorkommen, das wäre auch Rücksichtnahme. Ansonsten wenigstens entsprechende Strafen ohne lamentieren akzeptieren 🙂

  4. Das richtig assoziale ist ja, dass nicht der Künstler klagt, sondern irgendwelche schlechten Anwälte die nichts mit dem Künstler zu tun haben und sowas machen müssen weil sie keine richtigen Klienten haben.

  5. Mein Mitleid hält sich da in Grenzen. Ihr verdient mit den Beiträgen Geld und wenn fremdes Eigentum genutzt wird, muss dafür gezahlt werden. Das auf die Auflösung runterzubrechen ist auch wieder so ein Ding was ich nicht verstehen. Wird mich ein Gericht weniger bestrafen, wenn die Auflösung von Kinderpornos nicht in HD ist? Bestimmt nicht.
    Ja, die Abmahnanwälte sind ätzend. Aber wo habt ihr die Erlaubnis das Foto zu verwenden? Das kann euch doch nicht neu sein – zumal ihr dafür in der Vergangehit schon gezahlt habt. Bei Non-Profit-Unternehmen würde ich sagen, da müsste man was von rechtlicher Seite tun. Aber das was hier läuft ist weit weg von Non-Profit.

    Es gibt einfache Wege sich gegen genau solche Sachen zu schützen. Der Kostenaufwand dafür ist minimal bis gering.

    1. Du hast nicht ganz unrecht, aber man muss hier zusätzlich betrachten:
      Appgefahren wollte mit dem Screenshot Geld verdienen, nicht mit dem Inhalt der App, die vom Screenshot gezeigt wird. Darüber kann man schonmal stolpern. Ich verstehe nur nicht, warum man mehrfach den gleichen Fehler macht.

    2. Hm, ich glaube du hast meine Sichtweise nicht ganz verstanden.

      Ich versuche es mal so zu erklären:

      Fall 1: Du sitzt am Frühstückstisch, machst ein Foto von dir mit deiner Tageszeitung. Dieses Foto stellst du online, etwa bei Facebook, um zu zeigen, wie toll dir die Zeitung gefällt. Du wirst abgemahnt, weil auf deinem Foto ein geschütztes Bild von Angela Merkel zu sehen ist.

      Fall 2: Du nimmt deine Tageszeitung, scannt die Titelseite ein und schneidest das Bild von Angela Merkel aus, weil du es im Netz teilen willst, etwa in einem Facebook-Beitrag über Politik.

  6. @Fabian: Eines meiner Mottos ist „sprich mit jedem die Sprache die er versteht“.
    Wenn ich sehe, dass ich mir richtig Mühe gebe, meine Argumente zu einem komplexen Text zusammenzufassen, und die Gegenseite (egal in welchem Kontext, egal ob Anwalt oder eBay-Verkäufer) nur einen kurzen stumpfen Text antwortet, der nicht zu meinem Text passt, passe ich mich an. Ab da betrachte ich es sportlich und ich verwirre denjenigen mit mindestens genauso stumpfen und unsinnigen Antworten. Am Ende gewinnt der, der es schafft, mit den kürzesten Antworten zu verwirren ? Meine Lebenszeit ist mir zu schade, um sie mit stumpfen Einfaltspinseln zu vergeuden.
    Solche Anwälte wie die, mit denen ihr aneinandergeraten seid, bauen darauf, dass die Gegenseite sich vom Säbelrasseln beeindrucken lässt und außergerichtlich einknickt. Die wollen gar nicht vor Gericht. Insofern schade, dass ihr das nicht den Mut hattet das vor Gericht auszutragen. Ich kann es natürlich nicht beweisen, aber ich bin überzeugt, dass es angesichts der momentanen Haltung gegenüber Abmahnkanzleien deutlich besser ausgegangen wäre als das Horrorszenario, das euch euer Anwalt ausgemalt hat.

    1. Natürlich wollen die nicht vor Gericht, denn dann muss da ja tatsächlich jemand Zeit investieren.

      Ich hätte die Geschichte gerne mal vor einem Richter ausdiskutiert, gerade auch im Hinblick auf die Zukunft und andere Blog-Betreiber.

      Ohne Rechtsschutzversicherung (danke für die Tipps, für Firmen aber auch nicht gerade günstig), war mir das dann aber doch ein wenig zu heikel. Vielleicht beim hoffentlich nicht nächstes Mal 😉

      1. Günstig wird das nicht sein als Firma aber in Zeiten wo selbst im Kindergarten die Zustimmung der Eltern gebraucht wird damit von den Kleinen ein Gruppenfoto gemacht werden darf ist ein Rechtsschutz leider unentbehrlich. Ich denke sowas kann auch noch öfter passieren weil man es zum Teil eben auch ohne Absicht macht und einfach nicht daran denkt.

      2. Fabian – das Problem ist doch, dass das Urheberrecht des Fotos beim Fotografen liegt. Bei Fotos von Produkten beim Designer und beim Fotografen. Im Falle eines Printmediums kommen die Rechte des Verlages dazu. Versuche das auch noch mit Fotos von einer AC/DC- oder Stones- CD kommen noch Rechte des Labels, des Grafikers und Namens- und Markenrechte der Band dazu.
        Deshalb muss man sich Lizenzrechte kaufen. Abmahnanwälte arbeiten im Auftrag. Ein ganz großer Personenkreis lebt davon für seine Vorleistungen den Gegenwert in Form von Lizenzgebühren zu erhalten. Das sind ihre monatlichen Einnahmen. Was ist daran unklar? Dafür ist das noch ein „Geschenkpreis“, der durchaus viel höher hätte ausfallen können. Keiner hat was zu verschenken. Links auf die Quelle sind nicht illegal. ? Nicht mal ne Rechtsschutzversicherung kann Dich aus Alkem rausboxen, höchstens Schadensbegrenzung betreiben. ?

  7. Ihr könnt auch gerne die Name und Adresse des Anwalts hier posten. Jeder appgefahren Leser kann dann ein DSGVO Auskunftsersuchen anfragen. Der Anwalt muss antworten egal ob er Daten der Person hat oder nicht.
    Bei Anwälten meistens eine per Hand unterschriebener Antwortbrief. Bei 2000 Leser. Kommt da Freude auf. Kann man übrigens jährlich wiederholen ?

    1. Klingt natürlich schön, wenn man die selben Waffen anwendet, wird in diesem Fall aber nicht klappen.

      Sie werden im allerbesten Fall etwas Porto verschwenden und allen Anfangen eine Massenantwort zusenden mit der Weigerung der Auskunft auf Basis von Rechtsmissbrauch (was in diesem Fall eine tatsächliche Ausnahme wäre).

      Die vielen Anfragen wären eindeutig als nicht relevant nachverfolgbar (zB auf diesen Beitrag).

      1. Es geht ja nicht um das Porto, sondern um den Vorgang. Habe selbst schon bei Anwälten diese Anfrage gemacht (die sich Daten von mir haben) und eine Ablehnung erhalten. Die Antwort ist allerdings personalisiert und sogar unterschrieben. Ganz einfach weil ein Anwalt nicht mit so vielen Anfragen rechnet. Wenn er 2 Wochen damit beschäftigt ist Briefe aufzusetzen erzeugt das mehr kosten als nur Porto.

  8. Ich möchte an der Stelle die Ironie betonen, dass ZDF und WDR auf regelmäßiger Basis selbst sämtliche Copyrights missachtet und wie selbstverständlich dagegen verstößt.

    Sie wurden schon mehrfach dabei ertappt wie sie dreist Werke von Youtube kopieren und Forderungen aus dem Ausland ignoriert haben.

    Tja das Gesetz ist für alle gleich aber Konzerne sind sind gleicher.

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