Tolino Shine 4: Kompakter eBook-Reader mehrere Wochen ausprobiert

Hardware top - Software Flop

Zum Start der Frankfurter Buchmesse im Oktober des letzten Jahres hat der bekannte eBook-Reader-Hersteller Tolino, der aus einer Allianz des deutschen Buchhandels entstanden ist, den Tolino Shine 4 (bei Thalia entdecken) präsentiert. Letzterer ist besonders kompakt und im Vergleich zu den großen Flaggschiff-Modellen auch vergleichsweise günstig – ein Einstiegsmodell in die Welt der eBook-Reader, wenn man so will.

Der Vorgänger, der Tolino Shine 3, war bereits seit 2018 im Handel zu haben. Das Tolino-Team hat das mit 6 Zoll Displaygröße ausgestattete Modell nun aktualisiert und dem Gerät einige spannende Neuerungen spendiert. Unter anderen kann der Shine 4 nun auch problemlos in der Badewanne für lange Lese-Sessions zum Einsatz kommen: Mit dem für die Shine-Reihe neuen IPX8-Wasserschutz verzeiht der eBook-Reader auch ein versehentliches Abtauchen ins Wasser.


Im Punkt Schnelligkeit legt der rund 172 Gramm leichte Tolino Shine 4 ebenfalls deutlich zu. Der Hersteller spendiert dem Kompaktgerät ebenfalls den neuen Quad-Core-Prozessor – wie den Premiumgeräten Epos 3 und Vision 6. Dieser soll ein blitzschnelles Blättern im eBook sowie eine spürbar fixere Reaktion des Bedienmenüs bieten. Auch beim Display weitet die Tolino-Allianz ihre neuen Standards auf den Shine 4 aus. So besitzt er ein mit 1.072 x 1.448 Pixeln hochauflösendes 6-Zoll E-Ink Carta HD-Display mit 300 ppi und verbesserten Kontrasten, die den Eindruck von echten Papierseiten erzeugen. Damit soll noch augenschonenderes Lesen möglich sein. Ebenfalls möglich ist jetzt ein flexibles Lesen im Hoch- und Querformat.

Für die persönliche Bibliothek bietet der Tolino Shine 4 mit 16 GB eine verdoppelte Speicherkapazität für noch mehr Lesestoff. Rund 12.000 eBooks passen auf das Gerät, im Online-Shop des Tolinos gibt es mehr als 3 Millionen Titel. Außerdem setzt der Shine 4 ebenfalls auf den neu eingeführten USB-C-Anschluss. Neben diesen Optimierungen besitzt der Tolino Shine 4 die bewährten Funktionen seines Vorgängers wie augenfreundliches SmartLight, dessen Farbtemperatur sich im Verlauf des Tages von kalt zu warm anpasst, und einen kapazitiven Touchscreen.

Ich hatte nach dem Release des Tolino Shine 4 die Möglichkeit, den eBook-Reader einige Wochen lang genauer unter die Lupe nehmen zu können. Gerade in der dunklen Winterzeit verkriecht man sich doch häufiger als sonst mit Decke und Tee aufs Sofa, oder startet vor dem Zubettgehen noch das ein oder andere Kapitel im Buch. Mittlerweile habe ich auf dem Tolino Shine 4 mehr als 1.500 Seiten gelesen und möchte daher auch meine Eindrücke aus dem eBook-Reader-Alltag mit euch teilen.

Kompaktes Gerät sorgt für hohen Lesekomfort

Im Lieferumfang enthalten ist neben dem Tolino-Gerät selbst noch eine kleine Bedienungsanleitung sowie ein USB-A-auf-USB-C-Ladekabel, um den 1.500 mAh-Akku des Geräts in rund 2-3 Stunden wieder voll aufladen zu können. Die Bedienung und Einrichtung kam mir durchaus bekannt vor, da ich vor einiger Zeit bereits einen Tolino Vision 4 HD genutzt habe. Nach dem ersten Start richtet man ein Konto ein oder loggt sich in ein bestehenden Account ein, und verbindet das Gerät mit dem heimischen WLAN. So besteht dann auch die Möglichkeit, vorhandene Bücher über den Account zu synchronisieren und auch Firmware-Updates zu installieren. Leider kam mein Tolino Shine 4-Neugerät mit komplett leerem Akku bei mir an, so dass ich den Reader vor der ersten Nutzung erst einmal an die Steckdose anschließen musste.

Die Hardware des eBook-Readers weiß dank der Kompaktheit durchaus zu gefallen, was ich nicht nur beim Transport des Geräts, sondern auch beim abendlichen Lesen auf dem Sofa oder im Bett merken konnte. Der Reader ist leichter und dünner als ein durchschnittliches Buch, und die adaptive Hintergrundbeleuchtung sorgt immer für die richtige Ausleuchtung, auch wenn die Lichtverhältnisse einmal nicht so gut sind. Auf diese Weise ließ es sich sehr entspannt und augenfreundlich lesen, und das auch bei längeren Sessions. Zudem passt der Reader in jedes Gepäck und kann so auch schnell beim Arztbesuch oder der Zugfahrt in die Tasche wandern. Ganz neu bei diesem Modell ist auch eine dunkelblaue statt schwarzer Rückseite, die allerdings weniger Grip bietet als mein älteres Vision 4 HD-Modell. Dafür wurde der Tolino Shine 4 zu 85 Prozent aus recyceltem Material hergestellt – ein richtiger Schritt zu mehr Nachhaltigkeit.

Bedingt durch meine vorherigen Erfahrungen mit dem Tolino Vision 4 HD war ich gespannt, ob der Hersteller mittlerweile etwas an der langsam reagierenden Software geschraubt hat. Trotz verbesserter Hardware besteht das alte Tolino-Problem allerdings noch immer: Das Betriebssystem ist lahm und reagiert teilweise erst mit einiger Verzögerung auf Fingertipps oder Wischgesten. A propos Wischgesten: Mit einem Wisch vom unteren Bildschirmrand nach oben Richtung Displaymitte soll man schnell und einfach wieder ins Hauptmenü zurückkehren können. Streichen wir das „schnell“ und „einfach“, kommt das auch hin: Die Wischgeste funktioniert mal, dann kurz darauf wiederum nicht. Natürlich darf man bei einem eInk-Screen keine Reaktionszeiten wie bei einem iPad Pro erwarten. Allerdings zeigte mein erster eBook-Reader, ein Kobo Aura One, dass es auch deutlich schneller reagierende Systeme gibt.

Dateitransfer vom Mac ist eine einzige Katastrophe

Was aber gerade für Mac-Nutzer und -Nutzerinnen zu einem deutlichen Negativpunkt wird, ist die Inkompatibilität des eBook-Readers mit macOS. Ich konnte es zunächst nicht glauben, dass mein MacBook Air (M2, 2022) den Shine 4 partout nicht erkennen wollte, als ich ihn zum Übertragen von Dateien über das mitgelieferte Kabel anschloss. Einige weitere Kabel später berichtete ich verzweifelt dem Kollegen Fabian über diesen Umstand, der mich aufklärte: Nein, die neueren Tolino-Geräte werden vom Mac nicht erkannt. Man muss Umwege über eine Dateitransfer-App gehen, um Inhalte übertragen zu können. Auf meinem MacBook landete laut Hinweisen auf der Tolino-FAQ-Seite dann die wenig ausgereifte Android Dateitransfer-App OpenMTP, deren Nutzung mich beinahe dazu gebracht hatte, den Tolino Shine 4 samt Ladekabel aus dem Fenster zu werfen. Meine sorgfältig gepflegte Calibre-Bibliothek saß in der Ecke und weinte still vor sich hin.

Liest man sich im Internet zu diesem Problem ein, wird klar: Die mangelnde Mac-Kompatibilität besteht bei den Tolino-Geräten schon seit Jahren. Warum stellt der Hersteller keine eigene App, die sich gleichermaßen mit macOS und Windows nutzen lässt, für den Dateitransfer zur Verfügung? Ich würde mich als einigermaßen technikaffin bezeichnen und konnte es in langwierigen – da OpenMTP ständig einfror und alles neu gestartet werden musste – Versuchen hinbekommen, meine vorhandenen Dateien auf den eBook-Reader zu transferieren. Denke ich jedoch daran, dass solche Geräte auch gerne einmal den Eltern oder Großeltern geschenkt werden, überkommt mich das Grausen. Wie soll es eine Person ohne größere technische Fähigkeiten schaffen, Dateien auf den eBook-Reader zu übertragen?

Interessant in dieser Hinsicht ist die Tatsache, dass mein alter Tolino Vision 4 HD problemlos an den Mac angeschlossen und mit der eBook-App Calibre verwaltet werden konnte. Wie kommt man auf die Idee, diese Möglichkeit zu beschneiden, und nicht einmal das Mac-eigene Finder-System zum Verwalten der bereits vorhandenen eBooks zu erlauben? Mir persönlich würde es reichen, wenn der Tolino Shine 4 als Massenspeicher, ähnlich eines USB-Sticks oder einer externen Festplatte, erkannt werden würde, um so Dateien transferieren zu können. Hier muss der Hersteller wirklich dringend nacharbeiten – man schließt out-of-the-box alle Mac-User aus. Hinweise auf Apps wie OpenMTP finden sich in der kleinen Schnellstartanleitung, die dem Gerät beiliegt, übrigens nicht.

Fazit: Gemischte Gefühle für den Shine 4

Mein Fazit für den Tolino Shine 4 fällt daher gemischt aus. Das kompakte Design, die Wasserdichtigkeit, der größere Speicher, die adaptive Hintergrundbeleuchtung und das recycelte Material stehen definitiv auf der Haben-Seite des neuen Modells. Auf der anderen Seite ist nicht nur der Akku mit rund 10 bis 12 Stunden Lesezeit schwächer als bei früheren Exemplaren des Herstellers, sondern auch die Software, insbesondere der Dateitransfer vom Mac auf das Gerät, lässt deutlich zu wünschen übrig. Ich nutze den Tolino Shine 4 nach wie vor gerne für das Lesen digitaler Bücher – solange man nicht großartig durch Menüs oder den Shop wühlt, oder Dateien übertragen will, ist die Neuerscheinung ein guter und kompakter Begleiter für Leseratten im Alltag.

Zum Start kostete der Tolino Shine 4 139 Euro und konnte bei den Partnern des Buchhandels, beispielsweise bei Thalia, bestellt werden. Mittlerweile ist der Kaufpreis auf 119 Euro gesunken, bei Thalia kann man sich den eBook-Reader entweder kostenlos nach Hause liefern lassen oder auch in eine nahegelegene Filiale zur Abholung bereitstellen lassen. Weitere Infos gibt es auch auf der Produktseite des Tolino Shine 4.

Tolino Shine 4

119 EUR

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Kommentare 11 Antworten

    1. Den Shine 3 kenne ich leider nicht. Laut einigen Bewertungen soll die Akkulaufzeit des Shine 4 sogar kürzer sein als beim Shine 3. Vielleicht mal den Shine 4 vor dem Kauf im Buchhandel in die Hand nehmen?

  1. schönes Review Mel. Falls Du den Reader behälst, kannst Du doch auf dem Mac und Deinem Calibre einen Calibre-Server starten? Dann kannst Du die Bücher über WLan auf den Reader laden?

  2. Hi, ich habe das Gefühl, dass Mac Nutzer zu verwöhnt sind und erwarten, dass immer alles sofort funktioniert. Und wenn nicht, liegt’s natürlich nicht am Mac. Die neue Tolino Generation nutzt das Media Transfer Protocol (MTP) für die Dateiübertragung (wie die meisten Android Telefone übrigens auch…), damit kommt der Mac nicht klar. Wenn open MTP bei dir nicht läuft, nimm Android File Transfer. Zum Satz „Denke ich jedoch daran, dass solche Geräte auch gerne einmal den Eltern oder Großeltern geschenkt werden, überkommt mich das Grausen“ kann ich nur sagen: Die wenigsten Großeltern werden den shine 4 an den Mac anschließen und die Calibre Bibliothek übertragen. Das Tolino Ökosystem funktioniert autark und ohne Mac/PC problemlos. eBookms lassen sich entweder direkt per Cloud oder per Webbrowser laden, das ist auch tauglich für Omas und Opas – selbst ausprobiert…

    1. Natürlich erwarten Mac-User, dass alles einfach und sofort funktioniert – wenn wir für alles stundenlang rumbasteln wollen, hätten wir Linux oder wenigstens Windows genommen. 😉

      Ich habe selbst einen Mac und einen Tolino, ich hab meine eBooks aber von Anfang an ausschließlich über Thalia gekauft – eben weil ich eben keine Lust hatte, mit so einer Behelfssoftware wie Calibre rumzuhantieren (das war mir noch von dem ollen Sony-Reader meiner Frau in maximal schlechter Erinnerung). Und damit funktioniert der Tolino genauso, wie ich das als Apple-User erwarte.

  3. https://mytolino.de/produkte/tolino-shine-4/

    „tolino cloud: eBooks einfacher verwalten und synchronisieren

    Mit dem tolino shine 4 erhalten Sie kostenlosen Zugriff auf die tolino cloud, dem sicheren Online-Speicherplatz für Ihre Leseinhalte. Dort finden Ihre gekauften eBooks ebenso Platz wie eBooks, die Sie selber in die tolino cloud hochladen. Auch unterwegs können Sie so jederzeit auf Ihre gespeicherten eBooks zugreifen. Diese lassen sich mit bis zu 5 Geräten synchronisieren.“

  4. Falls es um umgewandelte Dateien geht, einfach auf mytolino.de gehen und sich da in die Cloud einloggen. Anschließend die gewünschten eBooks dort hochladen oder mit der Maus verschieben (nicht zu Viele auf einmal), dann einen Ordner anleger, die eBooks dort hinein sortieren und fertig.
    Den Tolino einmal synchronisieren und schon sind die eBooks auch in der Cloud gesichert.
    Dort sind 25gb zur freien Verfügung. Gekaufte eBooks werden dabei nicht berechnet.

  5. Ich habe mir den Shine 4, vor allem zur Nutzung der Online gekauft, und für längere Reisen mit dem Fahrrad (Thema Strom/Laden).
    Die Erfahrung ist gemischt.
    Lesen selbst macht Freude, Haptik, der Bildschirm, Beleuchtung – für mich optimal.
    Das Aber – trübt die Freude
    Das Problem der sehr häufig einfrierenden Seiten bei Nutzung der Onleihe ist nach meiner Recherche seit langem bekannt, und definitiv nicht behoben. Sehr nervig.
    Auch die „einfache“ Bedienung mit Wischen – funktioniert manchmal, und manchmal nicht, die Reaktionen sind träge, der Wischmodus beim Blättern läuft auch nicht so präzise wie man möchte… Oft springt mein Gerät dabei wieder auf die Startseite.

    Die relativ kurze Akkuzeit (trotz WLAN aus) enttäuschte, die hier genannten 14-17h kann ich bestätigen.
    Lesezeit ist definitiv etwas ganz anderes als die Laufzeiten, die angegeben werden.
    Also ein eingeschränktes Vergnügen..

    Das Problem mit der Onleihe ist aber ein echtes und gewichtiges Defizit – das führt dazu, dass man während des Lesens in kurzen Abständen (bis zu alle 30-50 Seiten) einen Neustart machen muss, weil man nicht mehr weiterblättern kann.

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