Apple-Ingenieur Greg Christie: Der Weg bis zur Geburtsstunde des ersten iPhones

Im Zuge der gefühlt endlosen Patent-Streitigkeiten zwischen Apple und Samsung wurde nun auch der Ingenieur des ersten iPhone-Modells, Greg Christie, hinzugezogen.

In einem Interview mit dem Wall Street Journal (pdf des Artikels) berichtet Christie, der auch heute noch im Software-Bereich für Apple tätig ist, über die bislang nie an die Öffentlichkeit gelangte Strategie zur Entwicklung der allerersten iPhone-Generation, die bekanntlich im Januar 2007 von Steve Jobs auf einer Keynote in San Francisco vorgestellt wurde.


Die Planungen zum ersten iPhone begannen demnach schon weitaus früher, so dass Apple-Chef Steve Jobs seinem Ingenieur bereits im Februar 2005 ein erstes Ultimatum stellte. Christie und sein Team kämpften bereits seit Monaten mit der ersten Software-Skizzierung und dem Zusammenspiel der einzelnen Komponenten. Jobs erklärte dem Team, dass es noch zwei weitere Wochen Aufschub bekommen würde, oder er das Projekt einer anderen Gruppe überlassen würde. „Steve hatte eine genaue Vorstellung“, sagt Greg Christie. „Er verlangte umfassendere Ideen und Konzepte.“

In Folge dessen überarbeitete der Apple-Ingenieur viele iPhone-Features, vom heute etablierten Swipe-to-unlock und einem touchbasierten Music-Player bis hin zum Starten eines Anrufes aus dem Adressbuch heraus. Auch die sonst üblichen Konzepte führender Handymodelle, die über eine physikalische Tastatur verfügten, wurde über den Haufen geworfen und ein einziges großes Touch-Display integriert.

Greg Christie stand Apple bereits seit 1996 zur Seite, als er für Arbeiten am Newton, einem damals revolutionären, aber leider völlig erfolglosen Personal Handheld-Computer, engagiert war. Trotz dieser Niederlage war Christie vom Potential eines leistungsfähigen Computers, der in jede Hosentasche passen würde, überzeugt. Als er im Herbst 2004 an Software-Lösungen für den Mac arbeitete, erhielt er Besuch von Scott Forstall, dem damaligen Software-Designer Apples. Er wurde gefragt, ob er an einem geheimen Projekt unter dem Codenamen „purple“ mitwirken wolle, das die Entwicklung eines Handys mit integriertem Music Player und Touchscreen betraf.

In den folgenden Monaten und Jahren brüteten Christie und sein „erschreckend kleines Team“ (Apple nannte diesbezüglich keine Zahlen) wie besessen an Details wie der perfekten Scrolling-Geschwindigkeit für Listen auf dem iPhone und einer möglichst natürlichen Handhabung des sogenannten „Bounce“-Effekts beim Erreichen des Listenendes. Man „schlug mit dem Kopf gegen die Wand“ beim Versuch, Textnachrichten statt einer chronologischen Reihenfolge in einer Messenger-artigen Unterhaltung unterzubringen.

Geheimhaltung um jeden Preis

Schon damals zeigte sich die Besessenheit Steve Jobs in Bezug auf Aspekte der Geheimhaltung. Christie wurde 14-täglich in einen fensterlosen Raum im zweiten Stock des Apple-Firmensitzes in Cupertino gebeten, um Jobs Bericht zu erstatten. Nur eine Handvoll Mitarbeiter hatten Zugang zu diesem Raum, selbst Reinigungspersonal wurde der Zutritt verwehrt. Nachdem das iPhone-Projekt von Jobs, Bill Campbell, sowie auch Jonathan Ive durchgewunken wurde, wurden beteiligte Mitarbeiter entsprechend eingewiesen und zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dieser Schritt ging so weit, dass ihre Arbeit im Home Office nur in einem abgetrennten Bereich des Hauses erfolgen durfte, so dass niemand versehentlich prekäre Details aufschnappen konnte. Jobs verfügte außerdem, dass alle Digitalbilder von iPhone-Ansichten verschlüsselt werden mussten.

Kurz bevor das endgültige Produkt auf einer Keynote im Januar 2007 vorgestellt wurde, gab es seitens Jobs sogar Diskussionen über das perfekte Album-Cover, um das „Cover Flow“-Feature am besten zu verdeutlichen. Es sollte über bunte Farben und viele Gesichter verfügen sowie auch genretechnisch zum Apple-CEO passen. Letztendlich einigte man sich auf „St. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ von den Beatles. In letzter Minute wurde außerdem noch eine geteilte Bildschirmansicht in der E-Mail-App verworfen, die Jobs als sinnlos empfand. „Steve dachte, es war bescheuert, einen Splitscreen auf einem solch kleinen Display darzustellen“, so Greg Christie.

Einen Moment hat der Apple-Ingenieur jedoch auch sieben Jahre nach der Veröffentlichung der ersten iPhone-Generation immer noch im Gedächtnis präsent. Einige Tage vor der entscheidenden Keynote betrat Christie das Auditorium durch einen Seiteneingang und schob dabei einen großen Vorhang zur Seite. Dahinter sah er ein Bild des iPhone-Home Screens überlebensgroß auf den Bildschirm des dunklen Raumes projiziert. „Es leuchtete in diesem riesigen Saal“, sagt Greg Christie. „Mein Herz setzte kurz aus und ich dachte, ‚Es ist wirklich geschehen‘.“

Die neue Verhandlungsrunde im Patentstreit zwischen Apple und Samsung beginnt am kommenden Montag. Samsung hatte Revision gegen ein Urteil des Gerichtes in San Jose, Kalifornien, eingelegt, in dem das Unternehmen verurteilt wurde, 930 Millionen USD für Patentverletzungen an Apple zu zahlen.

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Kommentare 9 Antworten

  1. Habe kurz überlegt, ob ich gerade einen Bericht/Artikel auf Spiegel-Online oder tagesschau.de lese. Sehr lesenswert geschrieben oder zusammengefasst…

  2. Und genau deswegen nie ein Android-Gerät! Dieser Diebstahl geistigen Eigentums durch Google wird noch in die Geschichte eingehen. Und Samsung als Ober-Copycat und größter Nutznießer muss dafür zur Kasse gebeten werden.

  3. Mehr solche Artikel! Klasse!

    Unverschämt, dass Samsung nicht einsieht, was und wieviel sie kopieren!
    Und es ist ja nicht nur Samsung!

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