SOUL Jet: Der Noise-Cancelling-Kopfhörer mit den zwei Gesichtern

Erfahrungsgemäß ist es immer schwierig, Audio-Produkte einem breiten Publikum vorzustellen – zu unterschiedlich sind die Geschmäcker, das Hörempfinden und die Vorlieben. Den SOUL Jet wollen wir trotzdem nicht unerwähnt lassen.

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In einem Audio-Magazin wurde ich vor kurzem auf den frisch am Markt platzierten SOUL Jet, einem OverEar-Noise-Cancelling-Kopfhörer des noch jungen Herstellers SOUL Electronics, aufmerksam. Ein kurzer Kontakt mit dem deutschen Vertriebspartner brachte alsbald dann auch ein Testexemplar zutage, das nun seit einiger Zeit bei mir im Einsatz ist und in vielen Bereichen ausgiebig getestet wurde. Diese Eindrücke wollen wir im folgenden mit euch teilen, um euch unter anderem bei der Kaufentscheidung helfen zu können.


Erhältlich ist der SOUL Jet derzeit zu einem Preis von 249 Euro bei Amazon (Amazon-Link), und kann dort direkt vom Internetversandhaus selbst versandkostenfrei bezogen werden. Im Angebot des Webshops befindet sich der Jet-Kopfhörer erst seit dem 11. Juli dieses Jahres – dementsprechend wenige Rezensionen gibt es bislang auf dem Portal zu vermelden. Die beiden Jet-Nutzer, die sich geäußert haben, geben allerdings beide fünf von fünf möglichen Sternen. Ob dieses Lob gerechtfertigt ist, versuchen wir auch zu beantworten.

Bei der Ankunft des OverEar-Kopfhörers, der über eine aktive Geräuschunterdrückung über vier integrierte Mikrofone verfügt, wird gleich deutlich: Allein die Verpackung soll schon auf ein Premium-Produkt schließen lassen. Der Karton samt stabilem Inlay wirkt wie eine überdimensionierte Geschenkbox, in der sich sehr zur Freude der Testerin auch so einiges an Zubehör finden lässt. Neben dem faltbaren Kopfhörer selbst gibt es ein ansehnliches schwarzes Hardcase samt Alu-Karabinerhaken, zwei Flachkabel mit Fernbedienung, Mikro und Steuerungstasten sowohl für iOS- als auch für Android-Geräte, einen Flugzeug-Adapter und einen aufsteckbaren 6,35 mm-Klinkenstecker. Das gesamte Zubehör lässt sich problemlos in einem kleinen, mit Netzstoff versehenen Extrafach im Hardcase verstauen.

SOUL Jet sitzt herrlich bequem auf dem Kopf

Bedingt durch diese Beigaben wird schnell klar: Der SOUL Jet ordnet sich in die Kategorie der Reisekopfhörer ein. Insbesondere im Flugzeug oder in der Bahn, wo störende Nebengeräusche an der Tagesordnung sind, kann die Funktion mit der Ausblendung dieser Störfaktoren punkten. Der aus Kunststoff in schwarz-blassblauer Optik gehaltene Jet verfügt laut Herstellerangaben über „eine elektrische Verstärkung für eine aktive Geräuschunterdrückungstechnologie und herausragende Klangqualität“. Zu diesem Zweck liefert der auf Consumer-Kopfhörer spezialisierte Hersteller eine AAA-Batterie mit, die vor der ersten Verwendung in ein aufschiebbares Fach in der linken Ohrmuschel eingelegt werden muss, und sich über einen kleinen, blau leuchtenden Button einschalten lässt.

Die generelle Verarbeitung des SOUL Jets wirkt durchschnittlich bis gut, ist aber aufgrund des verwendeten Kunststoffes nicht als absolut hochwertig einzustufen. Auch nach mehreren Wochen der Nutzung sondert der OverEar-Kopfhörer zudem noch immer einen leicht chemischen Geruch ab, der wohl von den schwarzen Ohrpolstern ausgeht. Auch das Design des SOUL Jets mit seinen riesigen Ohrmuscheln, gekreuzten Ziernähten im Kopfpolster und ähnlichen Applikationen auf der Außenseite der Bügel ist sicherlich nicht jedermanns Sache.

Setzt man den Kopfhörer dagegen das erste Mal auf, ist man von den butterweichen, anschmiegsamen Ohr- und Kopfpolstern, dem geringen Gewicht von etwa 250 Gramm und dem 1,2 m langen, verknotungsfreien Flachkabel angetan. Auch ohne aktivierte Geräuschunterdrückung schirmen die ohrumschließenden und großzügig bemessenen Ohrmuscheln bereits einen Großteil der Umgebungsgeräusche ab. Auch längeres Tragen ist mit dem Kopfhörer kein Problem: Vor allem auf Reisen ist dieser Umstand essentiell wichtig. Naturgemäß ist aber aufgrund des verwendeten Materials und des ohrumschließenden Charakters mit „heißen Ohren“ zu rechnen, auch einigen Brillenträgern könnte der relativ enge Sitz samt großer Ohrpolster auf Dauer unangenehm werden. Lediglich einen Blick in den Spiegel sollte man mit aufgesetztem SOUL Jet nicht wagen – Mickey Mouse lässt grüßen.

In der Vergangenheit hat die 2009 gegründete Firma eine ähnliche Marktstrategie wie das kürzlich von Apple akquirierte Unternehmen Beats verfolgt: Auch SOUL Electronics setzt auf die Kooperation mit bekannten Persönlichkeiten. So lassen sich auf der Website sogenannte Markenbotschafter, darunter Usain Bolt, begutachten, und auch der UFC-Mixed Martial Arts-Kämpfer Brendan Schaub zählt seit kurzem zu den Unterstützern. Der Rapper Ludacris gab sogar seine eigene Soul-Kollektion unter dem Titel „Soul by Ludacris“ heraus, darunter auch das Noise-Cancelling-Modell SL300WB.

Ausgehend von diesen Tatsachen lässt sich indirekt auch schon auf das Klangbild des SOUL Jet schließen. Der Fokus auf einen satten, basslastigen Sound wird unter anderem auf der Website von SOUL Electronics bestätigt: Als „eine überlegene Balance von tiefem Bass mit klaren Mitten und Höhen, stilvollem Design und komfortabler Passform“ wird der SOUL Jet beschrieben. Mit anderen Worten, audiophile User, die ein ausgeglichenes Klangbild suchen, sind mit diesem Kopfhörer an der falschen Adresse.

Und wo ist nun die Noise-Cancelling-Funktion?

Gespannt war ich neben der generellen Klangqualität natürlich auch auf die Noise-Cancelling-Funktion des SOUL Jets. Bereits nach dem Aufsetzen des Kopfhörers werden durch die überdimensionierten Ohrmuscheln nahezu alle Nebengeräusche eliminiert. Schaltet man dann aber über den Knopf an der linken Seite die aktive Geräuschunterdrückung hinzu, merkt man bis auf ein zusätzliches Grundrauschen leider kaum einen Unterschied. Selbst beim Abspielen von Musik, auch im leiseren Lautstärkebereich, war keine Verbesserung festzustellen. Meine Vermutung daher: Die primäre Abschirmung von der Außenwelt geschieht über die großformatigen und fest ansitzenden Ohrmuscheln, nicht aber über ein aktives Noise-Cancelling – der „AHA“-Effekt beim Einschalten der Funktion blieb in allen Fällen bei mir aus, selbst bei künstlich herbeigerufener Geräuschkulisse wie Staubsaugern, lauten Fernsehern, Musik über die Anlage oder einem Besuch der nahegelegenen Großbaustelle.

Doch wie steht es dann um die Klangqualität beim Abspielen von Musik? Um die generelle Klangfärbung in Richtung tiefer Töne wusste ich bereits vor dem ersten Aufsetzen des SOUL Jets: Dass die Basslastigkeit jedoch in diesem Umfang umgesetzt wurde, hat auch mich – leider negativ – überrascht. Wabernde bis grummelnde Bassteppiche selbst bei gewöhnlicher Pop-Musik von Birdy, überdimensionierte und alles andere verschluckende Kontrabässe beim Thomas Siffling Trio ließen zumindest in diesen Genres keine rechte Freude aufkommen. Noch schlimmer kam es bei akustischen Tracks, im Singer-Songwriter-Bereich oder bei Chorälen, wo es oft auf eine fein definierte Balance zwischen Bässen, Mitten und Höhen ankommt.

Leider versagt hier der SOUL Jet auf ganzer Linie: Insbesondere bei höherer Lautstärke, beispielsweise bei Agnes Obels „Dorian“ oder einer Aufnahme von Allegris „Miserere“, waren vor allem die Höhen so verzerrt, dass es teilweise im Ohr schmerzte. Keine Spur von Harmonie und Ausgewogenheit. Bei Genres, wo viel Bass zur gelungenen Interpretation des Stücks beiträgt und gewollt ist, zeigte der SOUL Jet wiederum, was er drauf hat: Electro-Tracks, HipHop, Soul und Reggae schien unser Testexemplar lieber zu mögen. An einen rasiermesserscharfen und kristallklaren Sound, wie man ihn von (Studio-)Kopfhörern von Sennheiser, AudioTechnica oder Beyerdynamic kennt, ist der SOUL Jet aber in allen Belangen weit entfernt.

Durchwachsenes Fazit

Erstaunlicherweise verbesserte sich der Klang in bestimmten Genres eindeutig, wenn das aktive Noise-Cancelling abgeschaltet wurde. Der SOUL Jet lässt sich nämlich selbst mit leerer Batterie noch in einer Art „Passiv-Modus“ zum Musik hören nutzen. Wer allerdings auf die zweifelhafte Basslastigkeit des Kopfhörers setzt, wird sich mit diesem Wiedergabe-Modus wohl nicht anfreunden können, da nicht nur die Lautstärke herabgesetzt, sondern auch Bässe kaum mehr vorhanden sind. In den oben erwähnten Akustik-, Singer-Songwriter- und Klassik-Bereichen ist dieser Modus aber eine echte Wohltat zum blubbernden Gemisch mit verzogenen Höhen.

Insgesamt fällt unser Fazit für den SOUL Jet daher im Großen und Ganzen leider nur durchwachsen aus. Die einführende Bezeichnung des „Kopfhörers mit zwei Gesichtern“ beschreibt das Gesamtbild eigentlich sehr treffend. Ist man anfangs begeistert über das üppige Zubehörpaket und den äußerst anschmiegsamen, bequemen Sitz des OverEar-Exemplars, zeigt sich das Schreckgespenst in Form eines viel zu basslastigen Sounds mit schlecht abgestimmten Höhen und einem mehr oder weniger nicht vorhandenen Noise-Cancelling-Feature. Wer einen dieser Preisklasse angemessenen Sound erfahren will, sollte sich daher eher nach Alternativen wie dem Sennheiser Momentum (Amazon-Link), dem BOSE QuietComfort 15 (Amazon-Link, mit aktivem Noise-Cancelling) oder dem Beyerdynamic DT 770 Pro (Amazon-Link) umsehen.

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Kommentare 7 Antworten

  1. Ich habe mehrere Noise-Cancelling Kopfhörer ausprobiert, unter anderem die Bose Quiet Comfort 15 und die Beats Studio. Nachdem ich die Bose aufhatte, habe ich bei den Beats den Knopf zum Einschalten des Noise-Cancelling gesucht. Und genauso hat es sich bei anderen Kopfhörern verhalten, auch Sony Kopfhörer waren dabei.

    Klanglich sind die Bose in Ordnung, aber nicht herausragend. Trotzdem würde ich mich immer wieder für sie entscheiden, weil für mich das Noise-Cancelling als Kaufentscheidung ganz klar im Vordergrund.

  2. Ihr solltet mal den Shure SRH840 ausprobieren 😉 zwar ohne Noise Cancelling, aber mit überragendem Klang, super Verarbeitung, hohem tragekomfort und spitzen Preis 🙂 der beste meiner Meinung nach den es auf dem Markt gibt!

  3. Wie sieht es aus mit laufen? Ich habe einige Kopfhörer getestet die bei jedem Schritt einen dumpfen lauten Bass an die Kopfhörer geben. Das nervt richtig.

    1. Das könnte ich demnächst noch mal ausprobieren. Aufgrund der zusätzlichen Noise-Cancelling-Elektronik im Inneren und den Kunstleder-Ohrpolstern glaube ich aber nicht, dass sich der SOUL Jet besonders gut beim Sport und damit verbundenem Schweiß macht…

      Soweit ich weiß, hat SOUL einen speziellen Sport-OverEar-Kopfhörer herausgebracht, den Combat+. Mit ca. 190€ aber auch nicht ganz billig: http://amazon.de/dp/B00LFMWTU6 Vielleicht ist das eher ein Tipp für dich?

  4. Für mich war die Qualität des „NoiseCancelling“ beim Bose QC15 das klar ausschlaggebende Argument für den Kauf. Und das hat sich auf zwei 17-Stunden-Flügen auch bestens bewährt, ruhiger kann man kaum reisen 😉

    Ach ja, der Sound; ist ok für mich, bin aber auch kein audiophiler Mensch. Ich höre einfach nur…

  5. Hey, den kannte ich noch gar nicht. Sieht auf den ersten Blick sehr sehr gut aus…
    Aber ist die Funktion echt so mies? Hab halt den Bose und da geht echt nix drüber. Der ist zwar auf den ersten Blick nicht ganz so hochwertig, aber überzeugt mich einfach durch den Klang.

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