Volla Phone: Smartphone legt Wert auf Privatsphäre und vereinfachte Nutzung

Wir wagen den Blick über den Tellerrand

Als Apple-User fühlt man sich eigentlich im Vergleich zum offenen Android-System und zahlreicher vorinstallierter Google-Dienste sehr gut beraten. Nichtsdestotrotz machen sich auch immer mehr Besitzer und Besitzerinnen von iPhones Gedanken, wie man Datenschutz, Privatsphäre und Smartphone-Nutzung besser in Einklang bringen könnte.

An dieser Stelle kommt das Entwicklerteam von Hallo Welt Systeme UG aus dem deutschen Remscheid ins Spiel, das seit etwa einem Jahr das hauseigene Volla Phone vermarktet. Das Volla Phone wird mit dem Zusatz „Entdecke die neue Freiheit“ beworben und setzt wahlweise auf das eigens entwickelte Volla OS auf Android Open Source Project (AOSP)-Basis oder das mobile Linux-Betriebssystem Ubuntu Touch. Beim Kauf des Volla Phones auf der Website des Herstellers kann man sich für eines der beiden Systeme entscheiden, hat aber auch nachträglich noch die Option, zwischen den OS-Versionen zu wechseln.


Da ich gespannt war, wie sich ein Smartphone im Alltag bewähren würde, das ohne ein Google-Android oder Apples iOS auskommt, habe ich bei Hallo Welt Systeme nach einem Review-Exemplar des Volla Phones gefragt. Dieses liegt mir nun seit einigen Wochen vor und wurde von mir ausgiebig getestet, so dass ich nun eine erste Einschätzung aus eigener Sicht abgeben kann.

Das Volla Phone lässt sich zum Preis von 359 Euro in einer schiefergrauen Farbvariante entweder mit Volla OS oder Ubuntu Touch auf der Hersteller-Website bestellen. Das 6,3 Zoll-Gerät samt V-Notch kommt mit 4 GB RAM und 64 GB internem Speicher daher, der sich über Micro SD-Karten noch auf 512 GB erweitern lässt. Im Inneren werkelt ein Mediatek Helio P23 Octa Core 2.0 GHz-Prozessor, zudem gibt es eine Kamera mit 16 MP auf der Front- und Rückseite. GPS/AGPS/Glonass, WiFi 2.5GHz/5GHz, Bluetooth 4.2, 4G LTE CAT 6 mit VoLTE und VoWiFi, zwei Einschübe für NanoSIM-Karten, ein 4.700 mAh-Akku samt Schnellladefunktion und Qi-Charging, ein Fingerabdrucksensor zum Entsperren auf der Rückseite, ein USB-C-Port und eine 3,5 mm-Klinkenbuchse sind auch mit an Bord.

Rückseite ist anfällig für Fingerabdrücke

Mein schiefergraues Modell des Volla Phones wurde mit Volla OS ausgestattet und in der üblichen Retail-Verpackung an mich geliefert. Neben dem Smartphone selbst befindet sich auch noch eine erfreulich detaillierte Anleitung für das Betriebssystem, ein transparentes TPU-Backcover, ein USB-Kabel, ein USB-Netzteil für die EU sowie eine SIM-Nadel im Lieferumfang. Auf der Website des Herstellers kann optional auch noch ein Displayschutz, eine passgenaue Filzhülle oder ein Book Case für das Gerät erworben werden. Dies geschieht aus gutem Grund: Für das Nischenprodukt findet sich bei Amazon und Co. kein entsprechendes Zubehör von Drittherstellern.

Beim Auspacken macht das Volla Phone hinsichtlich Verarbeitung und Haptik einen guten Eindruck und erinnert an ein reguläres Mittelklasse-Smartphone aus dem Android-Bereich, beispielsweise von Samsung, Huawei oder Xiaomi. Lediglich die hochglänzende und leicht spiegelnde Rückseite ist extrem anfällig für Fingerabdrücke und nimmt daher überdurchschnittlich häufig die Dienste des Mikrofaser-Reinigungstuches in Anspruch.

Keine Google-Apps und Google Play-Dienste vorhanden

Hallo Welt Systeme hat bei Volla OS auf das Android Open Source Project gesetzt. Das Smartphone verzichtet daher werksseitig auf alle Google-Apps und Google Play-Services, um die Privatsphäre zu schützen. Andere Android-Apps, die nicht auf diese Dienste angewiesen sind, lassen sich über einen anonymen App Store installieren – das ist die Mehrzahl der Anwendungen, die man auch von Apples App Store oder Google Play kennt. Erfreulicherweise braucht es daher auch kein Nutzerkonto, wenn das Volla Phone eingerichtet wird, zudem ist eine App für den VPN-Dienst hide.me installiert, um die Anonymität weiter zu wahren. Der Hersteller gibt darüber hinaus an, keine Daten zu sammeln und keine Statistiken zu führen. An dieser Stelle ergibt sich daraus auch ein erster großer Nachteil: Entsprechende Backups oder Daten aus iOS oder Android können nicht übernommen werden, es heißt also, das Gerät von Grund auf neu einzurichten.

Das Betriebssystem Volla OS ist dann auch eine echte Umgewöhnung, wenn man vorher iOS verwendet und gelegentliche Erfahrungen mit Android gemacht hat. Auch wenn Volla OS grundsätzlich auf Android basiert und auch ähnliche Symbole in der Menüzeile sowie Gesten zur Bedienung verwendet, braucht es hier einige Zeit, um sich zurechtzufinden. Kernstück von Volla OS ist das sogenannte Sprungbrett bzw. Springboard, das es dem User ermöglicht, einfach drauflos zu tippen. Das System erkennt, was man tun will und liefert einem Vorschläge, beispielsweise zum Verfassen einer Notiz oder einer Websuche. Ein kreisrunder roter Button am unteren Bildschirmrand des Sprungbretts bietet einen schnellen Zugriff auf Telefon, Kamera, Unterhaltungen, Kontakte und Nachrichten. Letztere stehen in einem integrierten Newsreader, der frei mit Nachrichtenquellen konfiguriert werden kann, zur Verfügung.

Über einen Wisch nach rechts gelangt man in die App-Sammlung, wo sich installierte Apps und Tools wie der Kalender, ein Dateimanager, die Kamera, Kontakte, SMS/MMS, der App Store und mehr finden. Eine Anordnung in Ordnern oder eine Gruppierung ist hier nicht möglich, alle Anwendungen werden einfach alphabetisch in einer vierspaltigen Liste gesammelt.

Der Kontrast zwischen Hard- und Software

Aus dem Aurora Store von Volla OS lassen sich bequem die wichtigsten Anwendungen herunterladen. Hier gibt es so gut wie alles, was man im Alltag benötigt. Ich konnte ohne Probleme von dort den Messenger Signal, Netflix, Spotify, Evernote, Microsoft Word, Amazon Prime Video, eBay, Skype und mehr installieren. Auch WhatsApp, viele Google-Dienste wie YouTube, Google Chrome, Google Maps, sowie Facebook, Facebook Messenger, Instagram und weitere lassen sich im Aurora Store finden. Ob man diese allerdings auf das Gerät laden und damit den Privatphäre-Ansatz gleich wieder zunichte machen möchte, sei dahingestellt. Wer die entsprechenden Dienste braucht, findet diese Optionen allerdings.

Im Alltag habe ich mit dem Volla Phone dann aber auch einige Probleme bemerkt: Mein Hobby Geocaching ließ sich beispielsweise mit Volla OS nicht ausüben, da zwar die offizielle Geocaching-App im Store vorhanden war, sich diese aber aufgrund benötigter Google Play-Dienste, die von meinem Gerät nicht unterstützt werden, nicht verwenden ließ. Auch eine OnBoard-Navigation lief nicht optimal: Hier stellt das Volla Phone die Open Source-App OsmAnd zur Verfügung, die zwar auch kostenloses Offline-Kartenmaterial bietet, aber leider hinsichtlich Layout und Aktualität kein Vergleich zu Apple oder Google Maps ist. Eine große Straßensperrung an einem Bahnübergang in meiner Straße wurde beispielsweise mit OsmAnd nicht erkannt, obwohl diese schon seit Wochen existiert. Die App wollte mich bei einer Navigation daher mitten durch die Straßensperrung zur nahegelegenen Autobahnauffahrt führen.

Hinsichtlich der Hardware gibt es beim Volla Phone allerdings nichts auszusetzen: Das Smartphone macht einen grundsoliden Eindruck, bietet bei Anrufen eine gute Sprachqualität, die 16-Megapixel-Dual-Kamera liefert bei akzeptablen Verhältnissen gute und scharfe Fotos und Videos, die Buttons haben klar definierte Druckpunkte, das Display ist ausreichend hell. Lediglich der interne Lautsprecher ist mit fehlender Stereo-Funktion klanglich verbesserungsfähig, ebenso wie der nicht mehr zeitgemäße Fingerabdrucksensor auf der Rückseite sowie der verwendete Bluetooth-Standard 4.2 – mittlerweile verfügen aktuelle Geräte bereits über Bluetooth 5.0 und neuer. Im Software-Bereich lässt das Volla Phone ebenfalls nichts zu wünschen übrig: Mobiler Hotspot, Push-Benachrichtigungen, Anzeigen auf dem Sperrbildschirm, NFC, WLAN-Telefonie, Bedienungshilfen, ein Kontrollzentrum mit Schnelleinstellungen, Energiesparmodus, Dunkelmodus und mehr sind vorhanden.

Auf wie viel Komfort wollen wir verzichten?

Sich durch alle Features des Volla Phones zu wühlen, Kamera-Vergleichstests und mehr zu machen, würde für diesen Testbericht zu weit gehen. Daher beschränke ich mich an dieser Stelle auf meine generellen Eindrücke zu diesem spannenden Smartphone, die sehr gemischt ausfallen. Das Konzept des Volla Phones und des Open Source-Androids ist für mich ein absolut lobens- und erwähnenswertes, da es aufzeigt, wie es auf dem hart umkämpften Smartphone-Markt auch anders gehen kann. Denn bisher wurde die Kundschaft unter zwei großen Systemen aufgeteilt: Googles Android und Apples iOS. Mit diesen zwar ausgereiften, aber datenhungrigen Systemen samt zahlreicher Datenschutzerklärungen, Berechtigungsanforderungen und Account-Eröffnungen lässt es sich im Alltag hervorragend arbeiten. Wir kennen es nicht anders.

Das Volla Phone ist dagegen etwas wie ein kleiner Augenöffner im weitesten Sinne: Das Smartphone zeigte mir nicht nur auf, dass es auch andere Systeme für ein solches Gerät geben kann, sondern auch, welche Probleme und Einschränkungen diese aktuell noch mit sich bringen. Die fehlende Möglichkeit, Daten-Backups anderer Geräte einzuspielen oder bestimmte Apps nutzen zu können, erwähnte ich bereits. Auch die Gewöhnung an ein komplett anderes OS spielt eine Rolle, die jüngeren und technikaffinen Usern sicher einfacher fallen dürfte als den meisten Eltern und Großeltern. Darüber hinaus habe zumindest ich auch erkannt, was ich an aktuellen Apps von Apple und Google eigentlich habe. Einen wirklich brauchbaren und datenschutzfreundlichen Ersatz für Google Maps oder YouTube habe ich bisher noch nicht gefunden. Es stellt sich also die Frage, was man aufzugeben bereit ist, um die eigene Privatsphäre zu schützen – und das führt einem das Volla Phone eindrucksvoll vor Augen.

Habt ihr weitere Fragen zum Volla Phone und Volla OS? Lasst uns diese gerne in den Kommentaren wissen, dann werden wir versuchen, darauf einzugehen.

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Kommentare 13 Antworten

  1. CalyxOS und GrapheneOS könnte man da auch noch nennen.
    Ich habe mir für meine Android Spielereien ein Pixel 4 zugelegt und CalyxOS drauf gezogen.
    Ist sehr ausgereift und definitiv anständig zu nutzen.
    Ein Android Gerät mit Standard Google OS würde ich niemals mit mir rumtragen. Es ist unglaublich was Google mittlerweile an tracking unter Android betreibt. Man hat als User eigentlich keine Möglichkeit so ein Teil auch nur ansatzweise Datenschutz freundlich einzustellen ohne auf ein alternatives OS zu setzen.

    1. CalyxOS sieht tatsächlich sehr spannend aus.

      Ich habe hier noch ein Xiaomi Mi 9T Pro mit Android, aber leider wird das Modell nicht unterstützt. Sind da weitere Modelle von Xiaomi geplant, weißt du da was?

  2. interessanter und gut geschriebener Bericht, zeigt die Alternativen gut auf. Das Ubuntu System wäre auch interessant zu wissen, wie es sich im Vergleich schlägt und ob die Schwächen dort ähnlich sind.
    Manchmal ist es schade, das ich beruflich ein iphone nehmen muss und keine Alternativen
    nutzen kann, wenn man liest, was möglich wäre

    1. Ich kann mich gerne mal informieren, wie es mit Ubuntu auf dem Volla Phone aussieht und ob ich da schnell wechseln kann. Dann gibt es ggf. noch weitere Eindrücke.

  3. Mich würde auch interessieren wie gut sich Ubuntu Touch im Verhältnis zu Volla OS schlägt. Schließlich basiert Volla OS auf Android, welches seinerseits im Kern ein Google-Produkt ist. Als Softwareentwickler kann ich diesen Konzern nicht genug misstrauen entgegen bringen.

  4. Moin,
    das Gerät scheint mir überflüssig wie ein Kropf. Warum? Ganz einfach: wer sich, und das scheint der einzige Existenzgrund für das Handy zu sein, von den Google Services abkoppeln möchte, ist mit einem neueren Huawei Smartphone viel besser bedient: besserer Bedienungskomfort, Verarbeitung, Hardwareausstattung.
    Gruß
    Peter

  5. Volla Phone wird mein nächstes Smartphone. Ich bin schon immer Androidnutzer. Konnte mal bei iPhone reinschnubbern aber das war nicht so mein Ding. Hab zur Zeit ein GS290 mit /e/, selbst installiert über LinuxMint (hat gut geklappt) aber irgendwann läufts das ja auch nicht mehr ohne neuer Hardware. Aber was ich auf jeden Fall wieder nutzen möchte ist OSMand. Zum Radfahren und Wandern für mich die aller beste App. Den ganzen Sozialkram brauch ich ni, hab genug Kumpels. Wozu braucht man noch ein Handy, außer zum telefonieren😉

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